Unter dem Titel „Die ganz und gar andere Bildbeschreibung“ beleuchten Sabine Pallaske und ich Aspekte des Bildschaffens, die beim Betrachten des Bildes zwar nicht sichtbar, aber entscheidend für die künstlerische und kommerzielle Verwendung sind – und damit auch für den Erfolg.
„Untitled No.4“ stammt aus einer Serie von freien Arbeiten des Fotografen P.W.Voigt. Das Bild erinnert auf den ersten Blick an ein Fotogramm von Künstlern wie etwa Floris M. Neusüss. Aber tatsächlich handelt es sich um ein „on location“ mit der Kamera geschaffenes Abbild, das von Voigt nicht weiter bearbeitet wurde. Wenn auch bei genauerem Hinsehen das ein oder andere Detail erkennbar ist, sind Rückschlüsse – wie sonst bei feststellender Fotografie üblich – auf Ort, Zeit und Hintergrund der Bildschaffung nahezu unmöglich. Und selbst das abgebildete Objekt ist nicht zu identifizieren.
Das gelingt allein durch eine kompositorische Entscheidung des Fotografen während der Aufnahme; durch die Wahl des Bildausschnitts. Diese einzige – wenn man so will – ganz bewusste Manipulation des Fotografen, beraubt den Betrachter jeglichen Kontextes. Er kann also bei der Dechiffrierung des Bildes auf keinerlei Erfahrung zurückgreifen.
Der abgebildete Ausschnitt der Realität wird so zu etwas Neuem, zu etwas Unerklärlichem. Die Fotografie überwindet ihre apparativen Grenzen und das Abbild wird zum Bild.
Eine abstrakte Fotografie wie diese – weit entfernt von den bildnerischen Erwartungen an eine Auftragsfotografie – lässt sich wohl eher auf dem Kunstmarkt verwerten. Doch erwarten dort den Urheber, denn das ist der Fotograf ja in jedem Fall, einige ungewohnte Gesetzmäßigkeiten.
Die erhobenen Preise für Werke sind natürlich in beiden Fällen abhängig vom Markt und individuellen Absprachen, aber die Bewertung erfolgt sehr unterschiedlich. So wirkt sich die Anzahl der Vervielfältigungen des Werkes sogar gegenteilig auf den Wert aus. Je höher die Auflage einer gewerblich genutzten Abbildung liegt, desto höher sollte das Honorar des Fotografen ausfallen. Der Wert eines Kunstwerks dagegen steigt mit seiner Limitierung uns ist am höchsten wenn es sich um ein Unikat handelt.
Wirtschaftlich am wichtigsten für visuell arbeitende Künstler ist §26 des Urheberrechts, der die Folgerechte bezüglich veräußerter Originale oder deren Vervielfältigungen (z.B. limitierte Auflageneines Werkes) regelt. Hier ist festgelegt, dass jeder, der ein einmal erworbenes Kunstwerk weiterverkauft – ob Besitzer, Galerist, Auktionator oder Kunsthändler –, den oder die Urheber zwingend und „unveräußerlich“ am Umsatz beteiligen muss.
Für den Künstler heißt das konkret, dass er von Wertsteigerungen bei Weiterveräußerung seines Werkes profitiert, denn er hat nach dem UrhG einen gesetzlichen Anspruch darauf.
Diese Regelung greift ab einem Verkaufspreis von vierhundert Euro netto und ist in gestaffelten Quoten durch § 26 (2) UrhG festgelegt. Deshalb ist der Verkäufer auch in jedem Fall verpflichtet, Auskunft darüber zu geben an wen und für wie viel das Kunstwerk veräußert wurde. Über das mit dem Erstkäufer vereinbarte Honorar hinaus hat der Künstler einen Anspruch auf Honorare für jede weitere Veräußerung des Werkes oder der limitierten Drucke durch wen auch immer.
Abschließend sei noch erwähnt: Was bei vierhundert Euro beginnt, ändert sich ab einem Verkaufspreis von 350.000 Euro und 10 Cent (§ 26 (6) UrhG). Arrivierte Fotokünstler, die für ein Bild diese Summe oder eine höhere erlösen, können ihre gesetzlichen Ansprüche nur noch über die zuständigen Verwertungsgesellschaften abrechnen und für die Folgerechtsvergütung, bei Weiterverkauf durch den Erstinhaber des Kunstwerks maximal 12.500 geltend machen.
Alle Rechte am Bild liegen bei Peter W. Voigt, Offenbach. Mehr über Urheberrecht und Nutzungsrechte, sowie über weitere juristische und kaufmännische Aspekte rund um Fotografie, Illustration und Film findet ihr auf bildgerecht.de
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