Elektro-Sperrmüll im Kopf


Die Welt braucht bessere Technik. So tönt die Reklame einer Technik-Kaufhaus-Kette, die nach einem Planeten benannt ist. Aber was passiert mit der, äh, nicht so guten Technik?  Weg damit. Speicher oder Sperrmüll. Oder erst das eine und dann das andere. Aus den Augen jedenfalls.

Aus den Augen? Ja, aber nicht aus dem Sinn. Dort werden wir sie nämlich einfach nicht los, diese vermeintlich veralteten Technologien. Sie stapeln sich förmlich auf unserem biologischen Informationsspeicher. Verstauben langsam, aber bleiben präsent.

Und das ist ja auch klar. Schließlich haben wir immer wieder – mehr oder weniger mühevoll – gelernt, mit neuen Technologien umzugehen, sie zum Teil unseres Lebens gemacht und zähneknirschend ihre Grenzen akzeptiert. Oft haben wir sie zu Anfang gehasst, dann mit größter Selbstverständlichkeit genutzt und schließlich ganz schrecklich vermisst. Zurück bleiben Erinnerungen. Erinnerungen an heute nutzlose Technologien und ihre Auswirkungen auf unser Leben. Hier einige Beispiele; aufgeschrieben, wie Uli Becker es in „Alles kurz und klein“ getan hat:

Ich erinnere mich an Sendeschluss  und Testbilder.

Ich erinnere mich an Geschäfte für Lautsprecher-Bausätze und Lötkolben.

Ich erinnere mich an Kodak Pocket Instamatic und an rote Augen bei Blitzlichtwürfelaufnahmen.

Ich erinnere mich an Musiksendungen, die ich mit dem Mikrophon vom Radio auf meinen Kassettenrecorder aufgenommen habe. Und ich erinnere mich an Überspielkabel.

Ich erinnere mich an Schwarz-Weiß-Fernseher und an Fußballmannschaften in hellen oder dunklen Trikots.

Ich erinnere mich an Antennenverstärker für den Fernseher, um auch „Ostzone“ empfangen zu können.

Ich erinnere mich an Bandsalat im Kassettenteil des Autoradios.

Ich erinnere mich an den Atari 1040 STFM mit 1 MiB RAM und eingebautem doppelseitigen 3½-Zoll-Diskettenlaufwerk. Aber was der HF-Modulator sollte, weiß ich nicht mehr.

Ich erinnere mich an Dia-Abende und das Klacken beim Transport der Dias im Projektor – begleitet vom permanenten Rauschen des Lüfters.

Ich erinnere mich an CB-Funk im Auto, den Spargel auf dem Dach und die Quetsche in der Hand.

Ich erinnere mich, dass EPs früher Maxi-Single hießen und an Diskussionen über die vermeintlich schlechtere Tonqualität, wenn sie farbig bedruckt waren.

Ich erinnere mich an Telefaxe, die man im Postamt aufgeben konnte und wie teuer die waren.

Ich erinnere mich an Telefone für das C-Netz, groß wie ein Ranzen.

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Nachtgedanken: Das Netz, das werkt.

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Voll die Sonne; voll der Nebel; voll der Regen; voll der Edersee

  1. Georg

    Mann, was sind wir doch für alte Säcke geworden! Aber so manches technologische Relikt hebe ich tatsächlich noch an geheimen Verstecken auf – wohl wissend, dass im Zeitalter der Massenfertigung niemals große Wertsteigerungen erzielt werden. Aber dennoch eines Tages in intimer „Weisstenoch-Runde“ schön romatisch/nostalgisch seufzend darauf zurück geschaut werden wird, verbunden mit dem gewissen Glücksgefühl über die Erkenntnis, software-unbelastete Technik zu besitzen, die nach all den Jahren entweder noch funktioniert oder reparabel ist. Es leben die wahren Oldtimer – die Youngtimer haben kaum eine Überlebenschance.

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