dOCUMENTA (13) oder ein Tag in Kassel


Nur um der Kunst willen verwandelt sich alle fünf Jahre ein weißer Fleck auf der Landkarte für einige Wochen in eine Stadt namens Kassel. Dann pilgern Menschen aus der ganzen Welt an diesen Ort, um zu sehen, zu hören und zu erleben, wie Künstler die Welt interpretieren. Und das lohnt sich.

Kurz vor Toresschluss habe ich es dann doch noch geschafft und bin gemeinsam mit Christoph von archicult einen Tag lang über die dOKUMENTA (13) geschlendert. Und wie jedes Mal musste ich mir eingestehen: Ein Tag ist viel zu wenig.  Allein die stetig wachsende Anzahl von Video-Installationen für die man bis zu einer Stunde Zeit braucht, um sie komplett anzusehen, sprengen jeden Kurztrip zur Documenta. Schlangen vor einzelnen Ausstellungsorten geben dann der Planung endgültig den Rest.

Dennoch kann man auch an einem Tag eine Menge sehen und mitnehmen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man nur eine einzige Erwartung im Gepäck hat. Nämlich die, überrascht zu werden. Dann wird ein Tag auf der Documenta zu einem Erlebnis, das im Detail beeindruckt, verstört oder Klarheit schafft, begeistert oder auch mal belanglos erscheint. Man versteht nicht alles (ich auf jeden Fall nicht), fühlt aber vieles. Und irgendwie öffnet sich dabei ganz langsam die Birne für Neues. Ganz langsam, aber auch unvermeidlich.

Und es sind nicht die Exponate allein, die das bewirken. Wesentlich sind auch die Besucher. Denn durch ihre Reaktionen auf die einzelnen Werke werden sie zum Teil der Ausstellung. Durch ihr Staunen und ihren Eifer zu verstehen, erwecken sie die Kunst zum Leben, selbst wenn sie mal das Dargebotene ablehnen.

Schließlich reist man wieder ab. Mit dem Gefühl, dass in einer Gleichmacher-Gesellschaft doch noch Platz für Außergewöhnliches ist. Mit einem Kopf voll von neuen Gedanken. Mit ersten Ideen, die im Nebel der Inspiration Form annehmen. Und mit ein klein wenig Traurigkeit, weil man eben zu wenig gesehen hat. Aber selbst dass hat etwas Schönes.

Doch seht selbst:

Theaster Gates, 12 Ballads for the Huguenot House

Julie Mehretu, Mogamma

Sanja Ivekovic, The Disobedient

Zanele Muholi, Faces and Phases

Thomas Bayrle, Teile der Installation

Christoph Pullmann und Thomas Hobein, Die Brotzeit

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Alex Schwander: Fotograf

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Leise Töne klingen länger

  1. kai

    Pullmanns und Hobeins »Brotzeit« weist ganz eindeutig auf das Nahrhaftige hin! Großes Kino! Was wohl der Ausstellungskatalog dazu sagt? Wahrscheinlich: »Mit Phosphat, 5,50 €, kann Spuren von Nüssen enthalten.«

    • Nun, uns war der vitalisierende Aspekt der Wursteinnahme wichtig und die damit verbundene Befähigung das Ganze mit einem Hefeweizen an den Ort zu spülen, wo es seine gesamte Energie entfalten kann.

  2. Nichts gegen die guten und leider teuren Bratwürste der documenta 😉
    Ich habe festgestellt, dass man sich wirklich für Wochen in Kassel einquartieren müsste um alles angemessen gesehen zu haben. Tage sind zu wenig.

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