Der ein oder andere Gelegenheitsfotograf mag sich an ein Phänomen erinnern, das früher gar nicht so selten auftrat. Heute ist es so exotisch wie die analoge Fotografie, mit der es untrennbar verbunden ist.

Und das ging/geht so: Du packst deinen Kram für den Urlaub. Unterhosen? Check.  Socken? Check. Batterien für den Nasenhaar-Rasierer? Check. Film in der Kamera? Check. Check? Wieso ist da einer drin? Und was ist denn da drauf? Ist überhaupt etwas drauf? Nun, das Zählwerk der Kamera zeigt „19“ an. Also ist was drauf. Aber was? Oh Mann, wann hast du das letzte Mal fotografiert? Und was?

„Grübel. Grübel. Denk. Denk.“ Das hätte die Erika Fuchs dem Donald dann wohl in die Sprechblase geschrieben. Jedenfalls tat sie das vor wenigen Tagen bei mir, als ich meine analogen Kamera-Bodies – ja, ich habe noch einige davon – auf ihren Batterie-Stand hin überprüfte.  Dabei entdeckte ich nämlich, dass nicht nur in allen Bodies geladene Batterien steckten, sondern in einem auch ein Film. Ordentlich wie ich bin, hatte ich ein beschriftetes Post-it daran geklebt. Und diese Beschriftung war zwar überraschend, aber dennoch klar lesbar: Juli 2003. In Worten ausgedrückt: Zweitausenddrei.

Ein wenig mehr als neun Jahre waren also vergangen, seit ich irgendetwas fotografiert hatte. Zu meiner Verteidigung sei angemerkt, dass diese Kamera wirklich nur die Ersatzkamera der Ersatzkamera ist. Aber wieso hatte ich damit fotografiert? Und was? Die Entwicklung sollte mich erhellen. Tat sie aber nicht.

Natürlich offenbarten mir die Negative, dass es sich um Fotografien einer Landschaft handelte, aber was für eine, verrieten sie mir nicht. Also scannte ich mehr oder weniger flugs einige dieser analogen Datenträger ein und widmete mich ihnen im Photoshop, was nicht nur im physikalischen Sinne positiv war, denn ich erinnerte mich endlich wieder.


Die Bilder zeigen Landschaften im vorderen Odenwald. Entstanden sind sie am frühen Morgen auf zwei Wanderungen in der Nähe von Ober-Ramstadt und der Veste Otzberg. Und mit der Kamera habe ich fotografiert, weil ich 2003 nur diese eine hatte. Die anderen SLR-Bodies habe ich erst 2004 gekauft. Das Rätsel ist gelöst.

Tatsächlich war der vergessene Film über Jahrzehnte überall etwas ganz alltägliches. Ich weiß noch aus meiner Zeit im Fotofachhandel, dass einige Kunden exakt zweimal im Jahr ins Geschäft kamen, um Filme entwickeln zu lassen – unmittelbar vor dem Urlaub und dann sofort danach. Gespannter waren sie immer beim ersten Mal.

Doch mit der Ablösung der analogen durch die digitale Fotografie gerät der vergessene Film als Phänomen selbst in Vergessenheit. Mal sehen, was uns die Speicherchips der Digital-Kameras bescheren werden, in welchem elektrischen Nirwana Bild-Daten landen können und wie wir sie dann wiederfinden.