Aus nächster Nähe


Als der Frankfurter Fotograf Jörg Steinmetz mir sein Buch „Be Here Now“ überreichte, war ich mit seinem Werk nicht vertraut. Aber schon beim ersten flüchtigen Durchblättern war es, als kannte ich die Portraits von Musikern, Autoren und Künstlern mein ganzes Leben lang.

Ich stellte kein Bild in Frage, was ich sonst schon mal sehr gerne tue. Aber hier war alles alternativlos (dieses Wort wollte ich schon immer gerne einmal verwenden). Klar – eigentlich gibt es immer Alternativen, aber hier kam mir die Frage danach überhaupt nicht in den Sinn. Diese selbstverständliche Nähe zu den abgebildeten Personen, die in den Bildern zum Ausdruck kommt, sprach so souverän zu mir, das ich den Fotografien einfach glaubte, was sie mir erzählten.

Dann müssen das wohl gute Portraitfotografien sein, dachte ich mir. Und fragte mich aber im selben Augenblick – was ist es eigentlich, dass gute Portraitfotos von herkömmlichen unterscheidet?

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Natürlich liefern Bildaufbau und Fototechnik wesentliche Hinweise auf die Qualität eines Fotos, aber eher in handwerklicher Hinsicht. Eine im Sinne der Aufgabe korrekt belichtete und gut gestaltete Fotografie kann interessant sein, löst aber nicht das alte systemimmanente Problem der Fotografie. Es ist kein Bild, sondern bleibt in der Regel ein Abbild. Und genau hier trennt sich für mich die Spreu vom Weizen.

Für mich öffnet ein gutes Foto für den Betrachter eine Tür, die ihn zu den Bildinhalten führt, die es physikalisch nicht zeigt. Es überwindet so die begrenzten Möglichkeiten des Abbildes und wird eigentlich erst zum Bild.

Und auch nur auf diese Weise kann ein Portrait zu einem guten Portrait werden, indem es zeigt, wer und wie die abgebildete Person ist und nicht nur, wie sie aussieht. Indem es Stars wieder zu Menschen und den Betrachter zum Zeugen eines sehr privaten Augenblicks macht.

Es ist aber auch die Momentaufnahme einer Beziehung, die den Bruchteil einer Sekunde dauert, der Beziehung zwischen Portraitiertem und Portraitierenden. Es ist das Dokument einer stillen Übereinkunft, ja einer Komplizenschaft, in der sich beide öffnen. Der Fotograf versteckt sich nicht hinter seiner Kamera und das Modell nicht hinter einer offiziellen Maske.

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Jörg Steinmetz ist so ein Beziehungstäter. Er lässt sich ein auf sein Gegenüber, geleitet von wahrhaftem Interesse. Dabei variiert er Aufnahmetechnik und Stil, nicht aber seine Offenheit für den besonderen Moment und seine Empathie für die Menschen, die er fotografiert. Neugierig aber respektvoll blickt er ihnen in die Seele und lässt uns, die Betrachter, mal eben mit hineinschauen. Doch gerät dieser Blick niemals zur voyeuristischen Nabelschau – nur einfach zu einem Blick aus nächster Nähe.

Jörg Steinmetz lebt in Frankfurt und arbeitet dort, wohin ihn seine Aufträge und freien Arbeiten führen. Die Rechte an alle Abbildungen zu diesem Artikel liegen bei ihm.

  1. Michael Wollny, Frankfurt 2012
  2. Klaus Voormann, Seeshaupt 2007
  3. Ulrike Haage, Berlin 2011
  4. Stefan Krachten, Köln 2014
  5. Cäthe, Berlin 2014
  6. Eldar Sengelia, Frankfurt 2006
  7. Chris Whitley, Frankfurt 2001
  8. Liam Gallagher, London 2008

Mehr seiner Arbeiten findet ihr auf seiner Website: http://joergsteinmetz.com D

 (Beim Schreiben gehört: „ No Line On The Horizon“ von U2“)

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  1. willi stiel

    Jörg Steinmetz: Seine Bilder vermitteln Nähe und Ferne auf einen Blick. Vertraut und Fremd. Offen und Verborgen. Erzählen was, was so sein könnte oder aber auch überhaupt ganz anders ist.
    Der MENSCH erkennt seinen MENSCHEN.
    willistielkassel.

  2. Jörg Robold

    Die Portraits von Steinmetz berühren mich. Das schaffen mittlerweile nicht mehr viele Portraits. Zu oft hat man schon das Gleiche gesehen, zu oft die Zitate sehen müssen …
    Aber auch die Beschreibung dieses magischen Moments , in dem man erkennt:“Alles passt“ und einem das Ergebnis dann auch recht gibt, das hast du richtig gut auf den Punkt gebracht. Danke Thomas !

  3. …besser hätte man Jörg Steinmetz & seine einzigartige Art zu fotografieren nicht beschreiben können…ein sehr schöner Artikel über einen der feinsinnigsten, respektvollsten & empathischsten Fotografen dieser Zeit mit Sinn für Ästhetik & für den Moment…ein wahrer Schatz….

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