Moller – obwohl dieser Name in Darmstadt allgegenwärtig ist, wissen nur wenige wirklich etwas damit anzufangen. Ende 2015 ist ein Buch erschienen, in dem sich drei Autoren und ein Fotograf dem Werk des Architekten und Städteplaners Georg Moller nähern und den Schleier des Vergessens ein wenig lüften.

Denkt man an Architektur in Darmstadt kommen einem ziemlich schnell der Jugendstil und die Mathildenhöhe in den Sinn und vielleicht noch – aber schon etwas später – der lange Ludwig auf dem Luisenplatz. Und Baumeister dieser Ludwigs-Säule war Moller, aber eben nicht nur dieser Säule.

Georg Moller (1784 – 1852) war ein Architekt und Städteplaner, der 1810 zum Oberbaurat und Hofbaudirektor des Großherzogtums Hessen-Darmstadt berufen wurde. Ganz dem klassizistischen Zeitgeist verpflichtet gab er innerhalb von etwa vierzig Jahren Darmstadt das repräsentative Gesicht einer damals modernen Residenzstadt, schuf eine Vielzahl von Bauwerken in Darmstadt und im südhessischen Raum.

Doch 1944 verschwand in einer einzigen Nacht das Werk Mollers in Darmstadt nahezu vollständig. Zurück blieben nach der Brandnacht nur Ruinen und Fragmente seines Werkes, aber wie durch ein Wunder blieb inmitten des Chaos die Ludwigssäule erhalten.

So hat sich in einem Zeitraum von etwas mehr als einhundert Jahren das Stadtbild von Darmstadt gleich zweimal radikal verändert. Und jede dieser beiden Veränderungen ist untrennbar mit dem Namen Moller verbunden.

Jetzt haben sich die Autoren Michael Groblewski, Wolfgang Lück und Helge Svenshon und der Fotograf Waldemar Salesski auf Spurensuche begeben und ihre Suche dokumentiert.

Herausgekommen ist ein abwechslungsreiches, aber auch akribisches Lesebuch, das sich an alle richtet, die Georg Moller kennen lernen möchten, sich für die Darmstädter Geschichte interessieren oder eben für klassizistische Stadtentwicklung und Architektur.

Wer sich also fragt, was das merkwürdig alte Tor vor der Kunsthalle aus den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts in Darmstadt eigentlich soll oder warum ein klassizistischer Portikus in den Betonklotz am Georg-Büchner-Platz führt, der erhält hier Antworten und sollte zugreifen.

Bildnerisch geht Waldemar Salesski, der zehnte Darmstädter Stadtfotograf, dabei sehr sachlich zu Werke und wird so der Ernsthaftigkeit des Klassizismus mehr als gerecht. Dabei verortet der in Kasachstan geborene Wahl-Berliner das Werk Mollers aber nicht etwa in der Vergangenheit sondern im Hier und Jetzt. Er vermeidet so glücklicherweise einen wehmütigen Blick auf ein untergegengenes Darmstadt, sondern arbeitet in frischer, klarer Weise den gegenwärtigen Bezug zwischen Mollers Bauwerken oder Fragmenten und dem heutigen Darmstadt und weiteren Schauplätzen heraus.

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Das Buch „Georg Moller (1784 – 1852), Bauten und Projekte des großherzoglichen Baumeisters in Hessen-Darmstadt“ ist 2015 im Berliner Verlag Jovis erschienen. Herausgeber ist die Werkbundakademie Darmstadt.

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Abschließend erlaube ich mir noch zu erwähnen, was mich ganz persönlich mit Georg Moller und diesem Buch verbindet. Zum einen hatte ich das Vergnügen der Jury anzugehören, die Waldemar Salesski zum zehnten Darmstädter Stadtfotografen auserkoren hat. Und zum anderen war ein Bauwerk Mollers der Schauplatz meines ersten bezahlten Jobs als Fotograf nach Beendigung meines Studiums – eine Reportage für die Los Angeles Times im Hessischen Landtag.

(Beim Schreiben gehört: „Pieces In A Modern Style“ von William Orbit“

Die Rechte an allen Abbildungen liegen den jeweiligen Inhabern insbesondere aber bei Waldmar Salesski für die Fotografien. Danke an Georgios Kontos von der Werkbund Akademie Darmstadt für die Überlassung der Bilder zur Illustration dieses Artikels.